Es ist nicht einfach Menschen aus anderen Kulturkreisen zu erklären, was duale Ausbildung ist. Vielen Menschen außerhalb von Deutschland, aber auch Migranten die bereits hier leben, fehlt der Bezug zu dem hier gewachsenen dualen System. Wir setzen es in Deutschland aber ganz selbstverständlich ein. Es gibt in vielen Ländern nur Bachelor und Master an Hochschulen und eben eine betriebliche „Anlernphase“. Jemand ohne Hochschulabschluss hat schlechte Chancen auf den Arbeitsmärkten in den jeweiligen Herkunftsländern vieler Migranten. Es existieren zudem keine landesweit vergleichbaren Qzualifikationen im beruflichen Bereich. Die Verzahnung von Berufsschule und Ausbildungsbetrieb, das Prüfungswesen und die Anerkennung der Abschlüsse (und der daraus resultierende Mehrwert) ist für viele Migranten neu. Was können wir als Betrieb tun um Plan A (weitere Schulausbildung, die kennt man ja) in Plan B (Entscheidung für eine duale Ausbildung) voranzubringen?
Beim Personal- bzw. Ausbildungsmarketing bei der wichtigen Sekundärzielgruppe der Eltern trifft man häufig als Ausbilder/in oder Ausbildungsleiter/in auf wenige Grundlagen und teilweise echte Verständnisprobleme (nicht nur sprachlich). Nicht selten sogar Ablehnung. Ich höre z.B. häufig solche Sätze:
- Wie, man bekommt Geld dafür, dass man ausgebildet wird?
- Warum müssen die Azubis weiter zur Schule gehen? Die sollen doch das Arbeiten lernen!
- Kann man denn auf dem Arbeitsmarkt ohne Hochschulabschluss überhaupt etwas anfangen?
- Warum wird die Ausbildung in Betrieben gemacht, da ist der Staat doch in der Pflicht?
- Ich sehe keinen Mehrwert gegenüber einer schulischen Ausbildung!
- Was kann mein Sohn/meine Tochten denn mit dem Abschluss machen, wenn er nur in einem Unternehmen ausgebildet wird? Das ist doch viel zu speziell!
- Schafft mein Kind es, sich so jung schon in einem Unternehmen zu behaupten?
- Mein Kind hat eh keine Chance auf einen Ausbildungsplatz. Schule ist besser, die müssen ihn/sie ja nehmen.
Hier hilft es, die Eltern einzuladen (z.B. zum Tag der offenen Tür, einer Informationbsbörse im Unternehmen,…) und ihnen zu zeigen, was duale Berufsausbildung ganz praktisch bedeutet. Man könnte z.B. auch Elternabende veranstalten und gezielt mit solchen Maßnahmen die Gruppe der Migranten ansprechen. Elternabende haben wir bisher allerdings selbst noch nicht ausprobiert.
Das Projekt Jobstarter bietet nützlichen Informationen und vor allem zweisprachiges Informationsmaterial für Eltern. Es existieren Elternratgeber und teilweise Fachglossare in verschiedenen Sprachen (u.a. chinesisch, arabisch, polnisch, spanisch und griechisch), welche man an die Eltern ausgeben kann. Zusammengefasst findet man die Dokumente unter http://www.jobstarter.de/de/kausa-21.php ganz unten unter dem Menüpunkt Publikationen. Wenn das Ganze mit betriebsspezifischen Inhalten verzahnt wird und Weiterbildungsperspektiven aufgezeigt werden, kann man die Attraktivität der dualen Berufsausbildung bei der Zielgruppe wahrscheinlich steigern. Damit steigt das Interesse an dualer Berufsausbildung und die Akzeptanz des Bildungssystems an sich wird auch positiv beeinflusst.
- Welche positiven oder negativen Erfahrungen habt ihr mit der gezielten Ansprache von Migranten in Sachen duale Berufsausbildung gemacht?
- Welche Informationen/ Informationsquellen/ Projekte nutzt ihr beim Ausbildungsmarketing für Migranten?
- Wenn ihr selber Migrant/in seid: Welche Inhalte habt ihr in Bezug auf Informationenen zum Übergang Schule/Berufs für euch oder eure Kinder vermisst?
Ich bin gespannt auf Reaktionen zum Artikel!